
Bei der Formulierung von Beschlüssen innerhalb einer Eigentümergemeinschaft ist höchste Präzision erforderlich. Ein Beschluss, der ungenau oder vage formuliert ist, birgt die Gefahr der Anfechtbarkeit, selbst wenn alle Beteiligten der Eigentümergemeinschaft vermeintlich über die Absichten und Details informiert sind. Das Amtsgericht München hat in einem wegweisenden Urteil vom 01.06.2023 deutlich gemacht, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Beschlusses gestellt werden müssen, insbesondere in Fällen, die bauliche Maßnahmen wie eine Wanddurchbohrung betreffen.
Beschluss zur Wanddurchbohrung ohne präzise Angabe der Bohrstellen
In dem verhandelten Fall ging es um folgenden Beschluss einer Eigentümerversammlung: „Dem Eigentümer der Wohneinheit 4 werden drei Durchbohrungen der Hausaußenwand mit je 180 mm Durchmesser für den Einbau von Wohnraumlüftungen genehmigt.“
Ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft legte gegen diesen Beschluss Einspruch ein, da der Beschluss keine Angaben dazu enthielt, an welchen konkreten Stellen die Bohrungen vorgenommen werden sollten. Darüber hinaus kritisierte er, dass eine Genehmigung für eine Wohnraumlüftung erteilt wurde, ohne dass klar festgelegt worden sei, welche technischen Geräte dabei verwendet werden sollen. Er sah den Beschluss als zu unbestimmt an und reichte eine Anfechtungsklage ein.
Gerichtsurteil: Bestimmtheit des Beschlusses nicht ausreichend
Die Klage war erfolgreich. Das Gericht stellte klar, dass ein Beschluss, der auf die Vornahme, Gestattung oder Grundlegung baulicher Maßnahmen abzielt, den Grundsatz der Bestimmtheit erfüllen muss. Dies bedeutet, dass die geplante bauliche Veränderung in allen relevanten Aspekten – Art, Maß und Umfang – präzise beschrieben sein muss. Es muss unmissverständlich dargelegt werden, was genau vorgenommen wird, wann die Maßnahme durchgeführt wird, an welcher Stelle sie erfolgen soll, wer sie durchführt und mit welchen Mitteln oder Geräten die Umsetzung geplant ist.
Eine bloß allgemeine Genehmigung, bei der die konkrete Ausführung dem Ermessen des bauwilligen Eigentümers überlassen bleibt, reicht nicht aus. Der Gegenstand des Beschlusses muss so klar und detailliert formuliert sein, dass die Wohnungseigentümer genau wissen, welche baulichen Maßnahmen sie erwartet. Unklarheiten oder Unbestimmtheiten können dazu führen, dass ein solcher Beschluss angreifbar und rechtlich unwirksam wird.
Fazit: Dieses Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit einer präzisen und detaillierten Beschlussformulierung. Insbesondere bei baulichen Veränderungen ist es unerlässlich, dass jeder Beschluss klar definiert, was konkret beschlossen wurde. Es muss unzweideutig festgelegt werden, welche Arbeiten ausgeführt werden sollen, an welchen Stellen diese stattfinden, wer sie durchführt und welche Mittel und Materialien dafür verwendet werden. Ein Beschluss, der beispielsweise Wanddurchbohrungen erlaubt, muss die genauen Positionen der Bohrungen enthalten, um den Anforderungen an die Bestimmtheit zu genügen. Unpräzise Beschlüsse können zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen und letztlich unwirksam sein, wodurch die beabsichtigten Maßnahmen verzögert oder verhindert werden können.
Zusammenfassend ist es für die rechtssichere Umsetzung von Eigentümerbeschlüssen von entscheidender Bedeutung, dass diese in allen Details klar und eindeutig formuliert sind, um Missverständnisse und Anfechtungen zu vermeiden.
01.06.2023 (Az. 1293 C 13203/22 WEG) AG München
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