BFH-Urteil zur Offenlegung von Mietverträgen: Steuerrecht versus Datenschutz
- Sebastian Ehrhardt
- 1. Juli
- 2 Min. Lesezeit

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) sorgt in der Immobilien- und Vermieterlandschaft für große Aufmerksamkeit: Mit Entscheidung vom 13.08.2024 (Az. IX R 6/23) hat der BFH klargestellt, dass das Finanzamt berechtigt ist, Einsicht in Mietverträge zu verlangen – selbst dann, wenn der Vermieter seine Mieteinnahmen ordnungsgemäß deklariert und entsprechende Zahlungsnachweise (z. B. Kontoauszüge) vorgelegt hat.
Hintergrund des Verfahrens
Im konkreten Fall hatte eine Vermieterin ihre steuerlichen Pflichten scheinbar vollständig erfüllt, verweigerte jedoch die Vorlage der Mietverträge mit Verweis auf den Schutz der Privatsphäre ihrer Mieter. Das Finanzamt forderte die Verträge dennoch an, da es prüfen wollte, ob es sich bei den Mietverhältnissen möglicherweise um sogenannte "Freundschaftsvermietungen" oder um Vermietungen an Familienangehörige zu nicht marktüblichen Konditionen handelt. In solchen Fällen droht eine steuerliche Aberkennung des vollen Werbungskostenabzugs.
BFH bestätigt Auffassung der Finanzverwaltung
Der Bundesfinanzhof stellte sich eindeutig auf die Seite der Finanzverwaltung. Nach Ansicht des Gerichts ist die Vorlage der Mietverträge ein legitimes und verhältnismäßiges Mittel zur Aufdeckung möglicher Steuerverkürzungen. Die Richter betonten, dass eine solche Maßnahme zur Verhinderung missbräuchlicher Steuergestaltungen notwendig sein kann – selbst wenn dadurch datenschutzrechtlich sensible Informationen berührt werden.
Datenschutz gegen Steuerinteresse – ein schwieriger Ausgleich
Obwohl der BFH das Grundrecht der Mieter auf informationelle Selbstbestimmung ausdrücklich anerkennt, überwiegt in diesem Fall nach Ansicht des Gerichts das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Besteuerung. Die Vermieterin sei daher verpflichtet, die Mietverträge vorzulegen und ihre Mieter über die Weitergabe der darin enthaltenen personenbezogenen Daten zu informieren.
Rechtliche Unsicherheiten bleiben bestehen
Gleichwohl ist die Rechtslage noch nicht abschließend geklärt. Es bestehen berechtigte Zweifel, ob die Entscheidung des BFH mit den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Grundgesetz in Einklang steht. Es ist daher durchaus denkbar, dass sich das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische Gerichtshof künftig mit dieser Frage befassen wird.
Praxistipp und Fazit für Eigentümer
Vermieterinnen und Vermieter, die sich in einer ähnlichen Situation wiederfinden, sollten die behördliche Aufforderung zur Vorlage von Mietverträgen sorgfältig prüfen – idealerweise mit juristischer Unterstützung. Zwar stärkt das BFH-Urteil die Befugnisse der Finanzämter, doch ist die endgültige verfassungs- und europarechtliche Bewertung noch offen.
Fazit:
Das Urteil zeigt deutlich, dass Transparenz gegenüber dem Finanzamt in Zukunft stärker eingefordert wird – selbst auf Kosten datenschutzrechtlicher Bedenken. Eigentümer sollten ihre Mietverhältnisse sauber dokumentieren, steuerlich korrekt behandeln und sich im Konfliktfall beraten lassen. Es empfiehlt sich, betroffene Mieter frühzeitig zu informieren und auf den rechtlichen Rahmen hinzuweisen, um Missverständnissen vorzubeugen. Gleichzeitig bleibt es wichtig, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung aufmerksam zu verfolgen – insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Korrektur durch höhere Gerichte.
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