Rauchen auf dem Balkon – was Vermieter (nicht) tun müssen
- Sebastian Ehrhardt
- 24. Juni
- 2 Min. Lesezeit

Wie viel Tabakrauch muss ein Mieter hinnehmen? Und wann ist der Vermieter zum Handeln verpflichtet?
Diese Fragen beschäftigte kürzlich das Landgericht Paderborn – und das Urteil (vom 20.11.2024, Az. 51 C 172/24) bringt Klarheit in einen Klassiker des nachbarschaftlichen Konflikts.
Der Fall: Rauch zieht durchs Fenster
Ein Mieter fühlte sich durch Zigarettenrauch aus der Nachbarwohnung massiv gestört. Nachts rauchte der Nachbar regelmäßig direkt am Sichtschutz auf dem angrenzenden Balkon – der Rauch zog durch das geöffnete Schlafzimmerfenster. Der Mieter klagte: Er werde im Schlaf gestört, wache hustend auf und verlangte von seinem Vermieter, dem Einhalt zu gebieten.
Doch: Der Vermieter blieb untätig. Und das – so das Gericht – zu Recht.
Pflicht zur Abhilfe? Nur bei wesentlicher Beeinträchtigung
Grundsätzlich gilt: Vermieter müssen ihre Mieter vor Störungen schützen, auch wenn diese durch andere Mieter verursacht werden (§ 536 BGB). Doch diese Pflicht gilt nicht unbegrenzt.
Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest:
Die Beeinträchtigungen traten ausschließlich nachts und nur zu einer bestimmten Uhrzeit auf.
Tagsüber – zwischen 6 und 22 Uhr – war keine Einschränkung der Nutzung gegeben.
Die Rauchentwicklung war nicht vergleichbar mit Passivrauchen in geschlossenen Räumen, etwa am Arbeitsplatz.
Deshalb lag nach Ansicht des Gerichts keine wesentliche Beeinträchtigung vor – der Vermieter war nicht verpflichtet, einzuschreiten.
Rücksicht gilt in beide Richtungen
Ein spannender Aspekt der Entscheidung: Auch der betroffene Mieter muss Rücksicht auf die Rechte seiner Nachbarn nehmen. Und dazu zählt – solange keine anderslautende Regelung besteht – auch das Recht, in der eigenen Wohnung oder auf dem Balkon zu rauchen.
Wo keine Hausordnung oder mietvertragliche Einschränkung besteht, ist die gegenseitige Rücksichtnahme Maßstab für die Zumutbarkeit. Absolute Ruhe und völlige Rauchfreiheit kann kein Mieter für sich allein beanspruchen – genauso wenig wie das unbeschränkte Recht, zu jeder Tages- und Nachtzeit zu rauchen.
Fazit für Vermieter:innen und Hausverwaltungen
✅ Vermieter sind zur Abhilfe verpflichtet – aber nur bei wesentlichen Störungen.
✅ Gelegentlich eindringender Rauch in Randzeiten gilt nicht automatisch als unzumutbar.
✅ Auch der gestörte Mieter muss sich an das Gebot der Rücksichtnahme halten.
✅ Rauchen auf dem Balkon ist zulässig, solange keine anderslautende Regelung (z. B. in der Hausordnung) besteht.
Praxistipp: Klare Hausordnungen mit Regelungen zum Rauchen in gemeinschaftlichen Bereichen oder auf Balkonen helfen, Streit zu vermeiden – und schaffen Rechtssicherheit für alle Seiten.
Für Verwalter und Eigentümergemeinschaften lohnt sich der Blick in die aktuellen Urteile. Denn nicht alles, was stört, ist auch unzulässig – und nicht jeder Konflikt muss zur Eskalation führen.
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